TANTRA nutzt das Wechselspiel zwischen Energie und Form, zwischen Hingabe und vertrauensvollem Annehmen-Könnens sowie der Lenkung von Energie.
Eine binäre Zuschreibung dieser Aspekte ist dafür nicht notwendig: je nach Situation, Neigung und Energie ist es für den Praktizierenden in der Begegnung sinnvoll, die eine oder andere Rolle zu wählen. Eine künstliche geschlechtliche Auf- oder Zuteilung ist gerade bei schwulen oder trans* tantrischen Begegnungen fast absurd.
Aber natürlich innerlich auch immer möglich. Daher: sei was immer Du bist, in diesem Moment - spielerisch frei oder auch verbunden mit deiner für diesen Moment richtigen Identität oder diese vollständig transzendierend. Eine klare Rollenverteilung von außen praktizieren wir jedoch nicht.
Schließlich - um auf ganz traditionelle Aspekte zurückzukommen - umfassten die oft zitierten Archetypen Shiwa und Shakti schon immer bereits alle Aspekte des Seins: Sowohl Shiwa als auch Shakti (Durga, Kali) sind in sich dabei bereits vollständig: Schöpferisch und Zerstörerisch sowie Erhaltend in Einem - so es gibt es z.B. vermutlich keine zerstörerischere Göttin als Kali.
Shiwa wurde auch oft bereits vor 800 Jahren schon in non-binärer Form als Ardhanarishvara in Statuen und Miniaturen dargestellt. Diese Darstellung und Verehrungsform gibt es in Indien übrigens immer noch.
Analoge Aspekte finden sich auch in der Gestalt des Boddhisatwa Avalokiteswahara, des Bodhisattwas der Barmherzigkeit. In Indien männlich, in Japan immer in seiner weiblichen Manifestation als Buddha Kannon, in Korea Kwan Um verehrt. In China, selbst vor ein paar Jahren auf einer Reise gesehen, was total toll war, nämlich im selben Tempel sowohl als 1000 armige Statue als auch als Mensch in allen Alltagslagen und aus allen Schichten dargestellt - nicht als ferne Transzendenz sondern auch immanent im Hier und Jetzt.
Queer Tantra - Freiheit in Vielfalt knüpft an diese Traditionen an, die es uns ermöglichen, immer neu auf unser Gegenüber zuzugehen und uns und unsere Bestimmung dabei selbst zu erkennen.
Es bedarf also keiner binaren Zuschreibung um Tantra zu praktizieren, vielmehr erleben wir einen Dreiklang: Unsere Begegnung mit uns selbst, die Begegnung mit dem Anderen nämlich unserem Gegenüber sowie die Begegnung mit der Welt.